Reden zum Haushalt - gruene-werl

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Haushaltsrede 2024 - Bündnis90/DIE GRÜNEN
im Rat der Wallfahrtsstadt Werl

Auch in diesem Jahr möchte ich meine Rede mit einem Dank an die Verwaltung
für die Unterstützung der Gremienarbeit und die Umsetzung der Beschlüsse
beginnen. Wir geraten immer noch von einer Krise in die nächste und diesmal
ist der Angriff auf unseren IT-Dienstleister SIT, der neue Herausforderungen
und Belastungen schafft. Wenig Verständnis habe ich jedoch für die
Entscheidung der Verwaltungsspitze, trotzdem die Haushaltsberatungen nach
dem ursprünglichen Zeitplan durchzuziehen. Wären die Ressourcen der
Verwaltung nicht besser eingesetzt, um die Arbeitsfähigkeit für die Bürger und
Bürgerinnen trotz IT-Ausfall möglichst weitgehend aufrechtzuerhalten ? Trotz
der Bemühungen der Verwaltung sind die Haushaltsberatungen durch den IT-
Ausfall massiv behindert und wir können die Diskussion nicht so führen wie
sonst. Wir sind uns natürlich bewusst, das wir bei den derzeitigen
Mehrheitsverhältnissen im Rat wenig verändern können, aber es ist für uns
schon wichtig, alternative Handlungsoptionen aufzuzeigen und
Fehlentwicklungen anzuprangern. Da hätten wir schon gerne mal den ein oder
anderen Sachverhalt in alten Vorlagen und Protokollen im
Ratsinformationsystem recherchiert.

Der Haushalt 2024 ist geprägt durch das Fortschreiben großer
Investionsprojekte, bei denen mit den knappen Ressourcen der Verwaltung
große Summen bewegt werden. Dort wo es eher um punktuelle Maßnahmen
geht, die nur geringe Mittel erfordern, aber viel Planungsarbeit machen, etwa
der fahrradfreundlichen Gestaltung von Verkehrsknotenpunkten, wird mit der
Begründung der fehlenden Ressourcen abgewiegelt. Für die Bürger, die sich
jahrelang mit hohem Einsatz im Arbeitskreis um Verbesserungsvorschläge
bemüht haben und auch für alle, die beim Stadtradeln per App ihre Strecken
gemeldet haben, ist das frustrierend.
Dieses Beispiel zeigt exemplarisch, was wir auch an vielen anderen
Entscheidungen sehen: anders als in vielen anderen Kommunen wird hier der
Kampf gegen die Klimakrise nicht als kommunale Aufgabe gesehen. Und was
mit „Mobilitätswende“ gemeint ist, wurde anscheinend auch nicht verstanden.
Nein, hier wird nach dem Schema „weiter wie bisher“ geplant:
• Straßen und Parkplätze für immer größere werdende Autos
• Wohngebiete, wo große Flächen nur für die verkehrliche Erschließung
mittels PKW versiegelt werden
• Wohngebiete unmittelbar an einer Fernwärmetrasse mit Heizwärme aus
Biomasse ohne Anschluss an dieselbe
• Gewerbegebiete, wo einfach und billig auf der „grünen Wiese“ geplant
werden kann
Warum wird so rückwärtsgewandt entschieden ? Es geht immer nur um die
Sicherung der städtischen Finanzen:
• Bloß keinen potentiellen Investor verschrecken
• Möglichst große Flächen aus städtischem Eigentum verkaufen
• Mehr Grundsteuereinnahmen
• Lieber Umsatz und Gewinn für die Stadtwerke als für einen
Fernwärmebetreiber, an dem man leider keine Anteile hat
Dabei gibt es schon zahlreiche Beispiele dafür, dass auch und besonders mit
nachhaltigem Handeln gute Gewinne zu erwirtschaften sind.
Gewerbe,die wir dringend brauchen, etwa Sanitär- und Heizungsbaubetriebe,
hätten wir auch gut in bestehenden Flächen ansiedeln können. Aber dort wurde
inzwischen ein Freiflächen-PV errichtet, während immer noch die meisten
Dachflächen auf bestehenden Logistikhallen ungenutzt sind. Und unsere Stadt
schmückt sich mit zwei Großwaschanlagen von denen nach Aussage der
Betreiber keine derzeit die wirtschaftlichen Erwartungen erfüllt. Wenn so
verschwenderisch mit dem knappen Gut Boden umgegangen wird, ist es kein
Wunder, dass es den Unmut der Bürger*Innen heraufbeschwört, wenn neue
Flächen erschlossen werden sollen.
Auch beim Thema Windenergie wird mit dem Blick auf den städtischen
Haushalt Potential verschenkt. Hier wird – in der Hoffnung sich mit geliehenem
Geld gewinnbringend beteiligen zu können – verzögert, anstatt im Rahmen der
bestehenden Regelungen schon jetzt weitere Flächen auszuweisen und den
Bürger*Innen unmittelbar eine finanzielle Beteiligungsmöglichkeit, etwa über
eine Genossenschaft, zu bieten.
Nachwievor wäre aus unserer Sicht eine Senkung der Hebesatzes für die
Grundsteuer B angemessen gewesen, zumindest in dem Maße wie durch die
Erschließung weiterer Bau- und Gewerbegebiete mehr und mehr Flächen mit
der Grundsteuer B belastet werden. Die meisten anderen Parteien habe ihre
früheren Versprechungen hierzu anscheinend vergessen.

Wir werden daher den Haushalt 2024 ablehnen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Uwe Jansen
Haushaltsrede 2023
Bündnis90/DIE GRÜNEN im Rat der Wallfahrtsstadt Werl

Auch in diesem Jahr möchte ich meine Rede mit einem Dank an die Verwaltung  für die Unterstützung der Gremienarbeit und die Umsetzung der Beschlüsse  beginnen. Insbesondere die Geduld, hier teilweise bis nach 22:00 mit uns  auszuharren, bedarf besonderer Erwähnung. In Zeiten, in denen wir von einer  Krise in die nächste geraten, macht sich jedoch die knappe  Personalausstattung immer mehr bemerkbar. Daher ein besonderer Dank an  die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die hier besonderen Einsatz, z.B. für die  Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine, gezeigt haben. Zur  allgemeinen Personalsituation aber später mehr. Die Aufstellung des Haushalts 2023 ist durch die aktuelle Situation mit vielen  Unsicherheiten behaftet. Wir wissen nicht, ob diesen Winter noch eine heftige  Corona-Welle oder ein andere, bedrohliche Infektionswelle zu erwarten ist.  Auch die Lage in der Ukraine, weitere daraus resultierende Fluchtbewegungen  sowie Einschränkungen für unsere Energieversorgung sind nicht seriös  vorhersagbar. Ebenso wenig ist die weitere Entwicklung der Kreditzinsen  planbar. Sicher ist nur, dass wir in 2023 zumindest einen großen Teil unserer  Rücklagen aufbrauchen werden. Dass sich das heute noch nicht in unserem  Haushalt spiegelt, ist lediglich den neuesten Innovationen in der Buchhaltung,  wie „Sondervermögen“ und „Vorgaben zur Isolierung Coronabedingter  Mehrausgaben“ verdanken, die auf Bundes- und Landesebene entwickelt  wurden. Aber auch das Bewusstsein, dass wir eigentlich schon längst tiefrote  Zahlen schreiben, darf nach unserer Sicht aber nicht zu einem Stillstand in der  Politik, insbesondere bei den Klimaschutzmaßnahmen führen. Ich würde gerne  noch auf die Kreisumlage und die Jugendamtsumlage eingehen, aber diese  Zahlen liegen derzeit noch nicht vor. Trotz der schwer überschaubaren Finanzlage der Stadt hätten wir den Bürgern  gerne über eine moderate Senkung des Hebesatzes für die Grundsteuer B  signalisiert, dass die Zeit der Haushaltskonsolidierung, für die der Satz einst  erhöht wurde, nun vorbei ist. Außerdem werden mit der Erschließung weiterer  Bau- und Gewerbegebiete mehr und mehr Flächen mit der Grundsteuer B  belastet und so Mindereinnahmen teilweise kompensiert. Die meisten anderen  Pateien habe ihre früheren Versprechungen hierzu anscheinend vergessen.

Zu den kommunalen Werler Aktivitäten zum Klimaschutz möchte ich einen  Vergleich mit der Reformbewegung in der katholischen Kirche, dem synodalen  Weg, heranziehen. Der Theologe und Kirchenrechtler Norbert Lüdecke äußerte  sich kürzlich wie folgt: „Die erträumten Reformen sind in der katholischen Kirche  gar nicht möglich. Das bleibt ein Rundweg, den die Bischöfe angelegt haben,  um Widerständigkeiten zu ermüden.“ Nun lassen Sie mich dies auf den Klimaschutz in Werl übertragen.: • In dieser Wahlperiode haben wir erstmals einen Umwelt- und  Klimaauschuss. Hierzu wurden Themen aus dem bisherigen Planungs-,  Bau- und Umweltausschuss herausgelöst. Die Entscheidung über die  Vergabe des Werler Umweltpreises ist aber die einzige, die hier wirklich  getroffen werden kann. Alle anderen wichtigen Entscheidungen sind in  der Zuständigkeit des bisherigen Ausschusses verblieben. • Wir haben jetzt auch einen Klimamanager, aber dieser hat ähnlich wenig  Einflussmöglichkeiten wie der Umwelt- und Klimaausschuss. Alle  aktuellen Planungen setzen nach wie vor auf den motorisierten  Individualverkehr und priorisieren Geldflüsse in den städtischen Haushalt  gegenüber der Vermeidung von Treibhausgasen und der  Klimafolgenanpassung. • Für das Nahversorgungszentrum am Bahnhof haben wir sowohl auf dem  Gelände selbst als auch bei den Zufahrten eine nahezu vollständig an die  Bedürfnisse des Autoverkehrs angepasste Planung. Alle Vorschläge, hier  Fußgänger und Radfahrer mehr zu berücksichtigen, wurden mit Hinweis  auf die Interessen der Investoren verworfen. • Bei der Planung des Wohngebietes Werl Nord III setzt die Stadt auf  Lösungen mit elektrischen Wärmepumpen, obwohl eine Leitung des  Biomasse-Heizkraftwerks der STEAG unmittelbar unter dem Langenwiedenweg am Gebiet vorbeiläuft. Gerade mit Blick auf die  jüngsten Steigerungen beim Strompreis ist dies auch aus der Sicht der  potentiellen Käufer eine sehr fragwürdige Entscheidung. • Das Wohngebiet Werl Süd II wurde reichlich mit öffentlichen Parkplätzen  ausgestattet. Aber der Wunsch nach einem drittem Baum im öffentlichen  Raum führt schon zu langwierigen Diskussionen. • Die Planung von Standorten für Windenergieanlagen im Stadtgebiet, im  vergangenen Jahr von der CDU in den Haushalt eingebracht, wird nun,  mit Verweis auf kommende Veränderungen an den übergeordneten  Vorgaben, auf die lange Bank geschoben. • Die Planung von Freiflächen-PV im Gewerbegebiet, sowohl durch private  als auch durch die Stadtwerke erscheinen als Bekenntnis zum  Klimaschutz. Aber wenn wir solche Anlagen im Gewerbegebiet  einrichten, zieht das zwangsläufig die Forderung nach Erschließung  neuer Gewerbegebiete nach sich. Viel besser wären hier Maßnahmen,  die die Nutzung bisher brachliegender Dachflächen vorhandener  Gebäude fördern. • Statt bereits konkrete Maßnahmen im Rahmen der laufenden Planung  umzusetzen wird immer wieder auf die – nach Möglichkeit geförderte - Erstellung von Konzepten gesetzt. Langfristig durchdachte Planungen  sind wichtig, aber davon darf man sich nicht davon abhalten lassen, ohne  Zweifel sinnvolle Maßnahmen sofort umzusetzen. Jeder, der sich ernsthaft um Klimaschutz bemüht, muss auch hier den Eindruck  haben, der Sinn des Ganzen sei auch nur, ihn und seine Mitstreiter zu  zermürben und auf einem Rundweg zu ermüden.

Nun noch einige Aspekte zur Ausgabenseite und zur Umsetzung von  Planungen. Wir wundern uns sehr häufig, wieso im Laufe des Jahres immer wieder  Mehrausgaben auftreten und andererseits auch immer wieder Mittel gefunden  werden, diese Mehrausgaben zu decken. Lassen Sie mich mit dem Zweiten  beginnen. Ganz oft heißt es, Geld aus einem Vorhaben steht für etwas anderes  zur Verfügung, weil die Maßnahme im laufenden Haushaltsjahr nicht mehr  umgesetzt werden kann. Das kann natürlich passieren. Wir wundern uns aber  schon, wenn solche Projekte in vollem Bewusstsein in den Haushalt eingestellt  werden, etwa am Beispiel der Kämperstraße, bei der die Straßendecke im  städtischen Haushalt für 2023 geplant wird, während der Kanal dort laut  Planung des Kommunalbetriebs erst 2024 gebaut wird. Die Mehrausgaben bei Bau- oder Abbruchvorhaben resultieren zum Teil aus  Materialkostensteigerungen, die jeden Bauherrn treffen, zum Teil aber auch aus  unzureichenden Planungen oder aus dem überraschenden Fund von  belastenden Materialien oder schützenswerten Tieren. Wir würden uns hier  ausreichend Personal für bessere Planung und Vergabe sowie für Kontrolle und  Verhandlungen mit den Auftragnehmern wünschen, um zu vermeiden, dass wir  hier „über den Tisch gezogen“ werden. Neben den Abbrucharbeiten scheint  auch die kommunikationstechnische Ausstattung von Schulen, etwa zur  Versorgung mit WLAN oder Lautsprecheranlagen, die auch für Notfälle  ausgelegt sind, ein Feld zu sein, in dem wir über unzureichende eigene  Ressourcen verfügen. Wenn die Planstellen da sind, müssen wir uns fragen,  warum es nicht gelingt, diese adäquat zu besetzen. Und wenn dies nicht  gelingt, müssen wir Prioritäten setzen und vielleicht auch mal auf das ein oder  andere Förderprojekt verzichten, wenn es zu viele Ressourcen bindet und die  Kostensteigerungsrisiken zu 100% bei uns bleiben.

Die Diskussionen im vergangenen Jahr und die Haushaltsberatungen in den  Ausschüssen haben gezeigt, dass die Ratsmehrheit nicht zu durchgreifenden  Veränderungen bereit ist, weder in Sachen Klimaschutz und Klimaresilienz  noch hinsichtlich einer Stärkung der Verwaltung. Wir werden daher den  Haushalt 2023 ablehnen. Es gilt das gesprochene Wort.

Uwe Jansen


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Haushaltsrede 2022 - Bündnis90/DIE GRÜNEN im Rat der Wallfahrtsstadt Werl

Meine Rede möchte ich mit einem Dank an die Verwaltung für die gute Zusammenarbeit beginnen. Der Haushalt 2022 ist – von einer Verschiebung der Corona-Lasten in die ferne Zukunft abgesehen - ausgeglichen. Das ist sicher ein gutes Zeichen. Aber reicht uns das? Berücksichtigt er die Belange kommender Generationen hier und weltweit? Ist er transparent gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ? Ist er in offener Diskussion und im Konsens entstanden? Zum ersten: Was sind die Kriterien, die wir hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit anlegen? Auch wenn zur Zeit Corona die öffentliche Diskussion bestimmt, so ist doch der Klimawandel die größte Bedrohung für unsere Zukunft. Hier schaffen die internationale Politik, die Bundes- und Landesparlamente zwar die Rahmenbedingungen, aber konkret handeln müssen wir hier lokal und auch als einzelner. Lassen Sie mich am Beispiel der Planung des Baugebietes Werl Nord III darlegen, inwieweit die lokale Werler Politik dem gerecht wird. Ja, hier wird endlich, wie seit langem von uns gefordert, im gut erschlossenen, zentralen Bereich nachverdichtet. So vermeiden wir ein weiteres Ausfransen der Siedlungsstruktur und schaffen Potential für Mobilität ohne Auto. Die Fläche ist schon im Besitz der Stadt und wir können die Entwicklung damit viel besser gestalten. Aber nutzen wir dieses Potential? Nein, das tun wir leider nicht. Dieses Baugebiet ist bislang genauso geplant, wie alle anderen Neubaugebiete der letzten Jahrzehnte. Warum schaffen wir es nicht, die Autos draußen zu lassen und so unnötige Flächenversiegelung zu vermeiden und sicheren Raum für spielende Kinder zu schaffen? Wir stellen uns vor, die zukünftigen Bewohner und Bewohnerinnen könnten doch auch mit dem Fahrrad in die Innenstadt oder zum neu geplanten 2 Nahversorgungszentrum fahren. Aber solange der Langenwiedenweg so bleibt wie er ist, ist das jedoch mehr ein frommer Wunsch als eine realistische Perspektive. Hier wäre ein sicherer, durchgängiger Radweg nötig. Das geht allerdings nur mit Einschränkungen für den Autoverkehr. Diese Konsequenz will aber anscheinend niemand ziehen und so kommen wir trotz vorhandener Mittel mit der Verbesserung der Nah- und Fahrradmobilität nicht weiter. Und wer dann später doch mit dem Lastenfahrrad zu Wochenendeinkauf aufbricht, der findet dann am Nahversorgungzentrum extra große Parkplätze für SUVs vor, aber wahrscheinlich keinen Platz für das Lastenfahrrad. Warum nicht ? Mit einer solchen Vorgabe könnte man die Investoren ja verschrecken. Bei der Entwicklung eines solchen Baugebietes gibt es grundsätzlich auch ein großes Potential für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Aber auch hier vermissen wir konkrete Pläne. Wir stellen uns hier mehr vor als Erdgas, das mal in ferner Zukunft durch Wasserstoff ersetzt wird oder individuelle Wärmepumpen, die in der kalten Dunkelflaute Engpässe im Stromnetz erzeugen können. Hätten wir hier als Grüne nicht mehr mitgestalten können, etwa über den Umweltund Klimaausschuss und den Klimamanager, insbesondere dann, wenn wir im Ausschuss den Vorsitz übernommen hätten? Nein, das hätten wir nicht. Dieser Ausschuss ist als reine Alibiveranstaltung eingerichtet worden, um Diskussionen über Umwelt und Klima aus den anderen Ausschüssen und dem Rat heraushalten zu können. Doch ohne Veto-Befugnis, ja sogar ohne eigenes Budget im Haushalt können Ausschuss und Klimamanager nicht wirklich gestalten. Und das trotz aller Lippenbekenntnisse der CDU zur verantwortlichen ökologischen Gestaltung der Zukunft unserer Kinder. Zum zweiten: Wie steht es mit der Transparenz? Ja, wenn man sich die Mühe macht, sich durch ca. zwei Leitz-Ordner mit den Entwürfen des Haushalts und der Wirtschaftspläne der städtischen Beteiligungen zu wühlen, ist der Haushalt transparent. Für alle anderen möchte ich hier mal kurz zusammenfassen: Der städtische Haushalt deckt einen nennenswerten Teil seiner Einnahmen aus Gewinnen der Beteiligungen. Diese Gewinne entstehen jedoch nicht, wie in der freien Wirtschaft üblich, durch überdurchschnittliche Innovationskraft oder gutes Management, sondern schlicht aus einer Differenz zwischen überhöhten kalkulatorischen Zinssätzen und tatsächlich bezahlten Zinsen. Und bei manchen 3 Beteiligungen müssen wir diese Gewinne noch mit dem Finanzamt und anderen Teilhabern teilen. Was kommt auf uns zu, wenn die Zinsen am Markt steigen, wie es jetzt vielfach für die nächsten Jahre prognostiziert wird? Zum dritten: Ist der Haushalt in offener Diskussion und im Konsens entstanden? Seit der letzten Kommunalwahl hat sich das politische Klima in Werl verändert. Die Diskussionen werden mehr und mehr kontrovers geführt und viele Entscheidungen fallen nur mit knapper Mehrheit. Das müssen wir als Opposition zähneknirschend hinnehmen. Was wir jedoch nicht hinnehmen wollen, ist das mehr und mehr Ausschusssitzungen „mangels Beratungsbedarf“ abgesagt werden und wir kurz darauf nur aus der Presse erfahren, was geplant wird. Aus unserer Sicht ist ein solch konfrontatives Vorgehen vielleicht medienwirksam, bringt in der Sache aber nicht wirklich weiter. Das möchte ich am Thema Windenergie näher erläutern: Es hat uns überrascht, als dann die CDU Anfang 2022 ihr grünes Herz entdeckt hat, die Planung von Windrädern im Stadtwald in die Wege leiten möchte und dafür 20.000 € für erste Planungen einstellt. Weiterer Ausbau der Windenergie ist essenziell für die Umsetzung der Energiewende. Die Erfahrung zeigt aber leider, dass sich aber oft lokal Widerstand bildet, wenn es um die konkrete Umsetzung geht. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass sich solche Projekte schneller und konfliktfreier umsetzen lassen, wenn Bürgerinnen und Bürger sich auch finanziell beteiligen können, etwa über Bürgerenergiegenossenschaften oder Schwarmfinanzierung. Windräder, von denen man selbst profitiert, stören einfach weniger als Windräder deren Profite nur an anonyme Investoren und Investorinnen fließen. Die Projekte im Kreis Coesfeld sind ein leuchtendes Beispiel dafür, wie es gut funktioniert. Aber gerade diese Art der Bürgerbeteiligung scheint ein rotes Tuch für die CDU zu sein. Stattdessen wird auf den zweifelhaften Nutzen für alle Bürger und Bürgerinnen durch Beteiligung der Stadtwerke verwiesen. Natürlich brauchen wir die Stadtwerke, um ein solches Projekt umzusetzen, aber wir brauchen auch den Rückhalt in der Bevölkerung. Wir können hier nur ermuntern, ein solches Vorhaben gemeinsam und im Konsens anzugehen! 4 Diesen Haushalt können nicht mittragen, weil er das „weiter wie bisher“ festschreibt statt Zukunftsperspektiven zu entwickeln, weil er bei der Finanzierung zu sehr auf die Gewinne der Beteiligungen baut und weil wir die offene und konstruktive Diskussion in den Gremien vermisst haben.
Wir werden daher gegen diesen Haushalt stimmen. Es gilt das gesprochene Wort. Uwe Jansen
Haushaltsrede 2020/21 - Bündnis90/DIE GRÜNEN
im Rat der Wallfahrtsstadt Werl

Auch in diesem Jahr möchte ich meine Rede mit einem Dank an die Verwaltung für die gute Zusammenarbeit beginnen. Trotz knapper personeller Aussstattung und einer zunehmenden Zahl von Aufgaben unterstützt die Verwaltung die Arbeit der politi-schen Gremien entsprechend ihrer Möglichkeiten.
Das Jahr 2019 war bisher vor allem durch das steigende Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für die Bedeutung des Klimawandels geprägt. Auch in Werl hat sich eine entsprechende Initiative gebildet. Nach einer Phase der Mobilisierung, in der vor allem die Dramatik der Veränderung vor Augen geführt wurde, muss jetzt eine Phase des konkreten Handelns beginnen. Das Ergebnis der Europawahl, die Friday-for Future-Demos, die weit verbreitete Kritik am Klima-„Päckchen“ der Bundesregierung und nicht zuletzt die rege Beteiligung beim Bürgerforum im Werler Bahnhof mit einer riesigen Fülle von Ideen, zeigt was Bürgerinnen und Bürger von der Politik erwarten. Und es zeigt sich auch, dass es viele Möglichkeiten gibt, im kommunalen Bereich zu handeln ohne auf Landes- oder Bundesgesetzgebung warten zu müssen
Auf Grund der im Spätsommer 2020 anstehenden Kommunalwahl wurde diesmal für die Jahre 2020/21 ein Doppelhaushalt aufgestellt. Dieses Vorgehen halten wir für sinnvoll, um nicht Ende 2020 unter Zeitdruck zu geraten.

Nachdem im Sommer dieses Jahres der Antrag zur Ausrufung des Klimanotstands von der Ratsmehrheit abgelehnt wurde, haben wir als Grüne versucht, über zahlreiche Anträge den kommenden Haushalt auf das Bremsen des Klimawandels auzurichten. In Anbetracht der hohen Dynamik und der notwendigen tiefgreifenden Verände-rungen halten wir schnelles Handeln für geboten. Jetzt für zwei weitere Jahre nach dem Motto „Weiter so und wir schauen mal“ vorzugehen, halten wir für falsch.Im Folgenden werde ich auf einzelne Punkte im Detail eingehen.
Auch für 2020/21 sehen wir uns bei der Kreisumlage wieder mit großen Steigerungen konfrontiert. Eine Stellungnahme der Bürgermeister wie in den vergangenen Jahren haben wir vermisst. Ein Punkt, der die Kreisumlage steigen lässt, ist die Verdoppelung der Subventionen für den Flughafen Paderborn-Lippstadt. Gerade in einem Jahr, in dem der Klimawandel das dominierende Thema ist, ist das ein völlig falsches Signal. Für die Wirtschaft ist die Bedeutung dieses Flughafens überschaubar. Viele Unter-nehmen unterbinden bereits heute – aus Gründen des Klimaschutzes, aber auch aus Kostengründen – über Reiserichtlinien oder individuelle Vorgaben die Nutzung von Inlandsflügen. Langsam, aber allmählich, verbessert sich die Bahnanbindung der Region wieder und nach eigener langjähriger Erfahrung ist es inzwischen gut möglich auf Flugverbindungen ab Paderborn-Lippstadt zu verzichten.

Bei der Mobilität im Nahbereich vermissen wir ein deutliches Bekenntnis zum Fahrrad.
Während im Jahre 2019 für den Autoverkehr ein durch ein Büro für Verkehrsplanung
erstelltes Gutachten vorgestellt wurde, konnten wir für den Fahrradverkehr auf die
ehrenamtliche Arbeit im AK Rad und auf eine als studentische Arbeit erstellte Studie
zurückgreifen. An Stelle diesen Stückwerks hätten wir uns ein einheitliches Verkehrskonzept
aus einem Guss gewünscht, das die Interessen aller Verkehrteilnehmer und
Verkehrsteilnehmerinnen gerecht berücksichtigt. Unserem Antrag, im Haushalt
2020/21 nennenswerte Mittel zur Verbesserung der Fahrradmobilität einzustellen,
wurde nicht gefolgt. Wie schnell ein Angebot hier Wirkung zeigt, lässt sich morgens
gut am Werler Bahnhof beobachten. Die hier kürzlich errichtete Fahrradabstellanlage
wird intensiv genutzt.

Wir sehen auch immer mehr Ladesäulen für E-Fahrzeuge im öffentlichen Raum. Ich
kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass solche Maßnahmen wenig praktikabel
sind und vor allem Feigenblatt sind, um Aktivität vorzutäuschen. Am Bahnhof
für vier Stunden an einer Ladesäule parken und laden zu können, dürfte nur für einen
kleinen Bruchteil der Pendelnden ein sinnvolles Angebot sein. Viel effektiver ist
Elektromobilität dort, wo Fahrzeug-Flotten tagtäglich über viele Stunden im
kommerziellen Einsatz sind. Darauf zielte unser Antrag zur Beschaffung von
klimafreundlichen Fahrzeugen für den städtischen Fuhrpark und den KBW ab. Hier
gehts es natürlich nur um sowieso anstehende Ersatzbeschaffungen. Da neu
angeschaffte Fahrzeuge in der Regel lange im Einsatz bleiben, wird ein jetzt neu
angeschafftes Diesel-Fahrzeug auch noch im Jahre 2030 die Treibhausgasbilanz
belasten. Unserem Antrag wurd hier nur insofern gefolgt, als das die Umstellung auf
einen klimafreundlichen Fuhrpark als strategisches Ziel im Haushalt verankert wurde.
Ein Mehrbedarf an Mitteln für die anfänglich höhere Investition wurde nicht
berücksichtigt. Hinsichtlich der Fahrzeuge des KBW gab es positive Signale bezüglich
der kleinen Fahrzeuge. Bei den Müllsammelfahzeugen wurden lediglich Erdgasfahrzeuge
als Alternative betrachtet und schließlich verworfen. Das inzwischen vorhandene
Angebot an Fahrzeugen mit Elektroantrieb für diese Anwendung wurde
ignoriert. Wir sehen es nicht als Aufgabe der Politik, hier nach Art des „Micromanagements“
die Verwaltung zu gängeln, sondern wir erwarten vielmehr die Schaffung ausreichender
Ressourcen und die Entwicklung von Eigeninitiative seitens der
Verwaltung, um solche Vorgaben selbstständig entscheidungsreif vorzubereiten.
Ohne ein weitere Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energie bei der Stromerzeugung
ist der Umstieg auf Elektrofahrzeuge jedoch wenig hilfreich. Der größte Hebel
wäre hier natürlich die Beseitigung der Hindernisse für den weiteren Ausbau der
Windenergie an Land und sinnvolles Repowering. Hier sind die kommunalen Möglichkeiten
jedoch begrenzt. Anders dagegen ist die Situation bei der Photovoltaik. Hier
hat die Stadt zahlreiche Eingriffsmöglichkeiten. Zum einen ist die Stadt Eigentümerin
vieler Gebäude, etwa von Rathaus, Schulen, Turnhallen und Betriebshöfen, und sie
hat die Möglichkeit deren Dachflächen entweder selbst zu nutzen oder an Betreiber
zu verpachten. Zum anderen sollte die Stadt als Gesellschafterin der Stadtwerke
sicherstellen, dass private PV-Anlagen ohne Einschränkung durch Netzkapazitäten
angeschlossen werden können. Auch über das Planungsrecht könnte bei der Ausweisung
neuer Baugebiete oder durch den Wegfall von Beschränkungen in der Altstadt
der private Zubau von PV-Anlagen gefördert werden. Wir haben den Antrag gestellt,
den Ausbau der Photovoltaik zum strategischen Ziel zu machen und Mittel zur
Förderung der Planung bereitszustellen. Auch hier wurde die Einstellung zusätzlicher
Mittel verwehrt.

Bei Gebäuden wirken die heute getroffenen Investitionsentscheidungen noch
langfristiger als bei Fahrzeugen. Heizsysteme bleiben meist über 20 Jahre in Betrieb
und die Gebäudehülle bleibt in der Regel noch länger unverändert. Daher muss man
schon jetzt die Ziele für 2040 oder 2050 berücksichtigen, sonst drohen in Zukunft
aufwändige Umrüstungen oder ein Ausweichen auf teure, künstlich hergestellte
klimaneutrale Ersatzbrennstoffe. Holz als Baustoff und Brennstoff würde hier eine
wirklich nachhaltige und zukunftssichere Lösung darstellen. Ein Silo mit Pellets,
Hackschnitzeln oder auch Miscanthus wird auch in Jahrzehnten noch die preisgünstigste
Art sein, Eneuerbare Energie für die dunkle und kalte Jahreszeit zu
speichern. Statt uns schnell und flexibel den neuen Anforderungen anzupassen,
setzen wir nun in Werl jahrelang verschleppte Vorhaben nach alten Plänen um.
Nachdem ich einige spezielle Aspekte zum Umgang unserer Kommune mit den
Herausforderungen des Klimawandels behandelt habe, möchte ich nun die
Perspektive erweitern, ohne aber das Thema Klima ganz zu verlassen.
Die nun eingetretene endgültige Insolvenz von Kettler wird mit Sicherheit - über die
Umlage aus der Einkommenssteuer und die Kaufkraft - auf die Einnahmeseite unseres
Haushalts wirken. Wir sollten das Unvermeidliche jetzt aber als Chance sehen. Es
werden in bestehenden Industriegebieten Flächen frei, die möglichst schnell neuen
Nutzungen zugeführt werden sollten. Das würde rasch neue Arbeitsplätze schaffen,
Investitionen in den Ausbau neuer Industrie- und Gewerbegebiete überflüssig machen
und –last but not least- den Verlust und die Versiegelung weiterer Acker-, Weide- und
Naturflächen vermeiden. Wir können hier nur an die Stiftung und die Verwaltung
appellieren, möglichst schnell eine Nachnutzung in die Wege zu leiten. Wir jedenfalls
werden uns der Ausweisung neuer Flächen verweigern, solange nicht wesentliche
Teile hier einer Nachnutzung zugeführt wurden.
Neubau und Sanierung von Schulen und Turnhallen sind ebenfalls ein wichtiges
Thema, um Werl zukunftsfähig zu machen. Leider sehen wir hier - auch abgesehen
vom CO2- Fußabdruck - viele Missstände. Trotz hoher Planungskosten kommt es
immer wieder zu neuen Überraschungen, die weitere Verzögerungen und Kostensteigerungen
nach sich ziehen. Die Ungleichbehandlung der Grundschulen führt nun
dazu, dass an der Petrischule anders als geplant nur zwei Eingangsklassen gebildet
werden können, weil Eltern Ihre Kinder nicht auf eine Schule schicken wollen, die noch
über Jahre Baustelle bleibt und dann schließlich und endlich doch nur über eine sehr
aufwändig sanierte, aber nicht über eine neue Turnhalle verfügen wird. Auch bei der
geplanten IT-Vernetzung der Schulen sehen wir leider ein ähnliches Muster. Hohe
Planungskosten und lange Planungszeiten sowie hohe Kosten für die Erstausstattung,
aber keinerlei Ressourcen für nachhaltige Nutzung und den Funktionserhalt. Ist das so
teuer, weil hier das Rad neu erfunden werden muss ? Warum greift man nicht auf
Unternehmen zurück, die sich auf diesen Markt spezialisiert haben und schon viele
Referenzen vorweisen können ?

Natürlich fragen wir uns auch, warum viele Dinge nur so schleppend und unzureichend
umgesetzt werden können. Nachdem die „schlanke Verwaltung“ während der Jahre
der Haushaltssicherung nur den Mangel verwaltet hat, fehlen nun die personellen
Ressourcen, die jetzt notwendigen Veränderungen umzusetzen und die notwendigen
Investitionsprojekte effektiv umsetzen zu können. Und leider ist nicht abzusehen, das
sich die Lage bessern wird. Weitere erfahrene Mitarbeiter werden bald in den
Ruhestand gehen und Nachwuchskräfte mit Potential verlassen die Verwaltung. Ein
Plan zurm nachhaltigen Personalaufbau entsprechend den anstehenden Aufgaben
und zur Entwicklung und Gewinnung neuer Führungskräfte ist dringend nötig, um
handlungsfähig zu bleiben.

Wir müssen uns alle bewusst werden, dass die Sicherung der Zukunftsfähigkeit
sowohl im globalen Kontext als auch lokal in unserer Stadt nicht zum Nulltarif zu
haben ist. Wer das verspricht, wer auf notwendige, langwierige Analysen oder
lediglich auf technische Entwicklungen in der Zukunft verweist, statt jetzt zu handeln,
handelt grob fahrlässig.

Die Haushaltsberatungen in den Ausschüssen haben gezeigt, das es der Ratsmehrheit
bei der Ablehnung des Antrags zum Klimanotstand nicht wie behauptet um die
Vermeidung des zwiespältigen Begriffs „Notstand“ ging, sondern dass man einfach
beim „weiter wie bisher“ bleiben will. Einfach ein bisschen Prosa aus unseren Anträgen
als strategisches Ziel in den Haushalt zu übernehmen, ohne dass auch entsprechende
Mittel im Zahlenwerk eingeplant werden, reicht uns nicht.
Wir werden daher den Haushalt 2020/21 ablehnen.

Uwe Jansen
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